Zu einem Vortrag über
Migrations- und Flüchtlingspolitik - Probleme und Perspektiven
hatte die Senioren-Union ihre Mitglieder sowie alle an diesem Thema Interessierten am 6. November in die Bowling Lounge eingeladen. Vor den knapp 30 Zuhörerinnen und Zuhörern sprach Frau Caroline Schmidt, Referentin für Flucht und Migration in der Abteilung Gesellschaftlicher Zusammenhalt der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin, über zahlreiche Erscheinungsformen von Migration und Flucht und die damit im Zusammenhang stehenden sehr unterschiedlichen politischen Bewertungen, Lösungsansätze und ihre praktischen Umsetzungen, Erfolge, Schwierigkeiten und Misserfolge. Flucht bedeute, dass Menschen ihre Heimat verlassen, weil sie aus politischen, ethnischen, religiösen Gründen etc. in ihrem eigenen Land nicht sicher sind. Unter Migration versteht man, dass Menschen geplant ihre Heimat verlassen, um woanders bessere Lebensbedingungen zu finden. Frau Schmidt erläuterte ihre Ausführungen mit Hilfe von zahlreichen Schaubildern und einem umfangreichen statistischen Material, aus denen deutlich wurde, dass Flucht und Migration sehr unterschiedliche Ursachen und Motive haben können – sowohl weltweit, in Europa, in Deutschland und nicht zuletzt auf der kommunalen Ebene, auf welcher die Hauptlast und Hauptarbeit der Integration von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt und in die ihnen meistens fremde Gesellschaft liegt. Hier einige Zahlen: im Jahr 2023 wird für Deutschland eine Zahl von knapp 60.000 irregulären Migranten genannt, also Menschen, die über keine Aufenthaltserlaubnis oder keine Duldung verfügen bzw. sich ohne Kenntnis der Ausländerbehörden in Deutschland aufhalten. Die irreguläre Migration in die EU betrug 2015 etwa eine Million, im Jahr 2023 knapp 400.000; 2023 wurden EU-weit über eine Million Asylanträge gestellt, davon ca. 340.000 in Deutschland. Über 4 Millionen Menschen aus der Ukraine haben Schutz in einem EU-Staat erhalten, davon in Deutschland etwa 1.2 Millionen. In Afrika gibt es nach wenig zuverlässigen Angaben etwa 7 Millionen Flüchtlinge und etwa 18 Millionen sog. Binnenvertriebene. Die allermeisten dieser Menschen verlassen Afrika nicht, sondern fliehen innerhalb ihrer Heimatländer (z.B. Sudan) oder in Nachbarländer. Die Anzahl von Flüchtlingen/Migranten in Afrika ist demnach mehr als doppelt so hoch wie in Europa.
EASG: Gemeinsames Europäisches Asylsystem (Grundlage für Flüchtlingsschutz und Solidarität in der EU). Hauptziele/Bausteine dieses Abkommens sind: Harmonisierung von Standards und Zuständigkeiten, Entlastung der EU-Außengrenzen durch schnellere Verfahren an den EU-Außengrenzen, Rückführungsabkommen, Abkommen mit sog. Drittstaaten, Auslagerung von Asylverfahren: Dieses GEAS- Abkommen wurde im April 2024 vom EU-Parlament beschlossen; die Zustimmung aller EU-Staaten erfolgte wenige Monate später. Das GEAS muss allerdings noch in die jeweilige nationale Gesetzgebung umgesetzt werden, wozu die EU-Mitgliedstaaten bis 2026 Zeit haben; das GEAS ist zu einem politischen Streitpunkt (von ganz rechts bis ganz links) geworden und wird wahrscheinlich den erwünschten Auswirkungen nicht entsprechen können.
In Deutschland ist die Migrations- und Flüchtlingspolitik seit einiger Zeit von folgenden Diskussionsschwerpunkten gekennzeichnet:
• Polarisierung: offene Grenzen versus Stopp jeglicher Zuwanderung
• Zuspitzung seit den Attentaten in Mannheim und Solingen (sicherheitspolitische Konsequenzen)
• Neue Wege in der Asylpolitik in der politischen Mitte,
• Sinnvolle Integration von Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt und in die deutsche Gesellschaft (Ausbildung, Sprache etc.)
• Bekämpfung von Fluchtursachen und -motiven in den Herkunftsländern (sinnvolle und zielgerichtete entwicklungspolitische Maßnahmen)
Der Vortrag und auch die anschließende Diskussion haben deutlich gemacht, wie sehr das Thema Flüchtlings- und Migrationspolitik zu einem Zentrum der allgemeinen politischen Diskussion – mit durchaus unterschiedlichen Meinungen – geworden ist und wie sehr - angesichts der vielen ungelösten Probleme - von der für diesen Bereich zuständigen Politik Lösungen erwartet werden, die ziel- und ergebnisführend sein müssen und an denen unsere gesamte Gesellschaft sich aktiv und engagiert beteiligen kann – zugunsten der zu uns kommenden Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten und auch zugunsten einer gesellschaftlichen Entwicklung, die von Solidarität, gegenseitigem Verständnis und entsprechendem Zusammenhalt bestimmt sein sollte.
Die Senioren-Union Neunkirchen-Seelscheid/Much dankt Frau Schmidt sehr herzlich für ihren ausgezeichneten, von großer Sachkenntnis geprägten Vortrag – besonders auch wegen ihrer profunden Kenntnisse der Migrations- und Fluchtproblematik aus der Sicht sogenannter Herkunftsländer; sie hat u.a. zwei Jahre im Auslandsbüro der KAS in Tunesien gearbeitet und in ihrem Vortrag landesspezifische Kenntnisse und Erfahrungen eingebracht.
Dr. Joseph Lütke Entrup - Senioren-Union Neunkirchen-Seelscheid/Much
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